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Die Rubriken für das Römische Brevier und Missale im Pontifikat Johannes XXIII.

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Die Herder-Korrespondenz gibt eine Skizze der neuesten liturgischen Reformen der Rubriken durch einen Fachmann:

Die Rubriken für das Römische Brevier und Missale im Pontifikat Johannes XXIII.

Als am 25. Juli 1960 das päpstliche Motu proprio erlassen wurde, das mit den Worten Rubricarum instructum beginnt und am 28. Juli im "Osservatore Romano" veröffentlicht wurde, war es verständlich, dass man ihm mit großer Spannung entgegensah: man rechnete mit radikalen Änderungen in Brevier und Missale, entsprechend den Wünschen, welche schon seit Jahren überall in der Welt mündlich und schriftlich geäußert wurden. Andernorts war man jedoch der Meinung, dass vor dem angekündigten Ökumenischen Konzil keine Rede sein könne von eingreifenden liturgischen Veränderungen.

Anfang September erschien die Nummer vom 15. August des Jahrgangs 52 der Acta Apostolicae Sedis, die ganz den neuen Rubrikendekreten gewidmet war (S. 593-740) und die folgenden Hauptteile umfasst:

1. Litterae Apostolicae Ioannis PP. XXIII motu proprio die 25 mensis Iulii anni 1960 datae, "Rubricarum instructum": Novum rubricarum Breviarii et Missalis Romani corpus approbatur (593-595).

2. Decretum generale Sacrae Congregationis Rituum, diei 26 lulii anni 1960, quo novus rubricarum Breviarii ac Missalis Romani codex promulgatur, "Novum rubricarum" (596).

3. Rubricae Breviarii et Missalis Romani (597-685). Dieser Hauptteil von 530 Nummern ist der wichtigste; er besteht aus drei Abschnitten: Allgemeine Rubriken - Allgemeine Rubriken des Römischen Breviers - Allgemeine Rubriken des Römischen Missale.

4. Calendarium Breviarii et Missalis Romani (686-698) mit Tabellen der liturgischen Tage, der occurrentia und der concurrentia.

5. Variationes in Breviario et Missali Romano ad normam novi codicis rubricarum (706-721).

6. Variationes in Martyrologio Romano (722-729).

7. Declaratio Sacrae Congregationis Rituum, die i 26 lulii anni 1960, de servandis in calendariis particularibus inde ab anno 1961 (730-731).

8. Ordinationes Sacrae Congregationis Rituum, diei 26 Iulii 1960, ad librorum liturgicorum editores, circa edition es Breviarii ac Missalis Romani iuxta novum rubricarum codicem conficiendas (732-734).

9. Index (735-740).

Diese ganze Nummer der Acta Apostolicae Sedis ist auch als Einzelausgabe erschienen unter dem Titel "Sacra Congregatio Rituum, Rubricae Breviarii et Missalis Romani et documenta adnexa, cum indice analytico", Typis Polyglottis Vaticanis 1960, 160 S. im Format AAS, 180 S. in 16°. Der analytische Index fehlt in den Acta Apostolicae Sedis.

Als der Wortlaut der Reformen bekannt wurde, war es offenkundig, dass ihnen nicht überall begeistert zugestimmt wurde. Nicht allein gewisse Gruppen, die wegen ihres Hanges zu abwertender Kritik bekannt sind, standen dieser neuen Initiative von "Rom" abweisend gegenüber, sondern es muss zugegeben werden, dass die Haltung allgemein abwartend war. Es stellte sich jedermann aufs neue die Frage: Was bezweckt Rom mit dieser Reform in diesem Augenblick? Diese allgemeine Unsicherheit erklärt vielleicht auch die Tatsache, dass nach den ersten, meist allgemeinen und oberflächlichen Notizen in der Presse fast nichts mehr erschienen ist. Selbstverständlich werden im Jahr 1961 die Kommentare ausführlicher sein. Die Herder-Korrespondenz hat daher einen Fachmann gebeten, eine Skizze dieser neuesten liturgischen Reformen zu geben, die denen entgegenkommt, die Klarheit und Gewißheit fordern.

Inhaltsverzeichnis

I. Was bezweckt diese Reform, und welches sind ihre wichtigsten Leitgedanken?

Zuallererst muss man sich deutlich vor Augen halten, dass diese Reform, wenn man sie so nennen darf, lediglich einen Teil des Breviers und des Missale betrifft, und zwar den Teil der Liturgie, der wiewohl notwendig, durchaus nicht der wichtigste ist. In erster Linie hatte die Ritenkongregation die Absicht, eine Kodifizierung aller Rubriken zu geben, welche von 1568 bis heute im Brevier und im Missale bestehen unter Hinzufügung von Vereinfachungen und Erleichterungen. Da es um die Rubriken geht, entstand der Name "Codex rubricarum", Rubrikenbuch. Dieses Buch ist neu, in erster Linie wegen der Zusammenfassung von vorhandenen einzelnen Dokumenten zu einem Ganzen, in zweiter Linie wegen neuer Veränderungen und umgearbeiteter Systeme, woher der Name "novus rubricarum codex", neues Rubrikenbuch, stammt. Außerdem verband die Ritenkongregation eine weitere Absicht damit: In dem neuen Rubrikenbuch hat sie auch Veränderungen hinzugefügt, die über das Gebiet der Rubriken hinausgehen, Veränderungen nämlich, welche nicht allein den Mechanismus, das Räderwerk des äußeren Vollzugs der Liturgie betreffen, sondern welche auch Wesenselemente der Liturgie in Brevier und Missale berühren.

Betrachten wir nun jeden Punkt im einzelnen:

Kodifizierung der Rubriken

1. Betrachten wir nun alle Rubriken, welche von 1568 an bis heute in Brevier und Missale bestehen. Im neuen Rubrikenbuch sind zu einem harmonischen Ganzen folgende Dokumente zusammengefügt: die allgemeinen Rubriken (Rubricae generales) des Römischen Breviers (1568) und des Missale (1570);

die Hinzufügungen und Veränderungen (Additiones et Variationes) der Rubriken des Breviers (1914) und Missale (1920);

die Vereinfachungen der Rubriken durch das Dekret der SRC vom 23. März 1955 De rubricis ad simpliciorem formam redigendis;

alle Dekrete und Antworten der Ritenkongregation, welche das Brevier und das Missale betreffen (von 1588 bis heute).

Was in dieser Beziehung die Päpste Pius V. und Pius X. zustande brachten und Pius XII. vereinfachte, was die Ritenkongregation im Verlauf von fast vier Jahrhunderten an Dekreten herausgab, ist nun in einem Buch harmonisch zusammengefügt. Vor dieser Leistung soll jeder Achtung haben. Der große Vorteil ist nun, dass jeder unmittelbar und mühelos an die Quelle gehen kann, nämlich zu dem einen offiziellen Rubrikenbuch von Brevier und Missale, um sich zu informieren, wie der äußere Vollzug der Liturgie geschehen muss. Man ist nun nicht mehr angewiesen auf Rubriken-Handbücher, in denen Spezialisten für Nichtfachleute die Quellen zu einer brauchbaren Anleitung verarbeiten mussten und worin sich wegen der großen Anzahl von Dekreten nicht selten gegensätzliche Meinungen finden, die überall berühmt sind wegen der Spitzfindigkeit der Rubrizisten.

Es bedarf keiner Frage, dass neue Rubriken-Handbücher geschrieben werden sollten; sie werden von großem Nutzen sein, vor allem wenn weitere Dekrete in bezug auf das neue Rubrikenbuch veröffentlicht werden. Doch muss der Klerus ausdrücklich wissen, dass das beste Handbuch für Brevier und Missale jetzt das neue Rubrikenbuch ist: Information aus erster Hand ist besser als Berichterstattung aus zweiter Hand. Aus Gewohnheit werden viele auch jetzt auf ein Rubriken-Handbuch warten, das für sie die Materie verarbeitet und verdeutlicht. Der beste Rat, der im Augenblick gegeben werden kann, ist, man möge sich eine Ausgabe des neuen Rubrikenbuches zulegen und vorerst den Kauf einer Bearbeitung zurückstellen. Das neue Rubrikenbuch zeichnet sich aus durch Klarheit, Übersicntlichkeit und unmittelbare Brauchbarkeit für die Praxis.

Veränderungen in den Rubriken

2. Die Rubrikenvereinfachung vom 23. März 1955 mit einer Serie von Dekreten, die sich anschlossen, wurde im neuen Rubrikenbuch in vollem Umfang überprüft, umgearbeitet, verbessert und verdeutlicht. System, Fassung und Terminologie sind in so vielen Punkten verändert und neu redigiert, dass die davor liegenden Dokumente nicht mehr sicher konsultiert werden können, sondern praktisch ganz aufgegeben wurden; aber vieles ist auch beim alten geblieben. Deshalb schreibt das Motu proprio in Nr. 5 vor, dass bei einem Neudruck von Brevier und Missale alle alten Dokumente weggelassen werden müssen und an ihre Stelle das neue Rubrikenbuch treten muss. Der Klerus muss deshalb völlig umlernen in seinem Wissen von den Rubriken, denn dieses hat keine sichere Grundlage mehr. Diese Umstellung wird nicht einfach sein, vor allem nicht für diejenigen, die seit langem vertraut waren mit der Struktur von Brevier und Missale. Ein sorgfältiges Studium des neuen Rubrikenbuches ist unentbehrlich, wenn man sich aufs neue sicher fühlen will. Es ist nun die Frage, ob der größte Teil des Klerus gewillt und imstande ist, sich diesem Studium zu unterziehen. Zweifellos wird ein sorgfältig zusammengestellter jährlicher Ordo Divini Officii recitandi Sacrique peragendi ersetzen müssen, was an theoretischer Kenntnis fehlt. Dadurch wird man zwar viel lernen können, doch nicht alles, was eigentlich erforderlich ist.

Privilegien

3. Alle Bestimmungen, Privilegien, Bewilligungen, Gebräuche, welche dem neuen Rubrikenbuch widersprechen, werden widerrufen (vgl. Motu proprio Nr. 4). Diese Bestimmung wird man begrüßen, denn es ist ungesund, wenn vielen Personen oder Gruppen Ausnahmerechte zugebilligt und dadurch eine große Anzahl von Gesetzen tatsächlich zu toten Buchstaben entwertet werden. Beachtet man die veränderten Umstände und das wachsende liturgische Bewusstsein, dann liegt es auf der Hand, dass aufgeräumt werden muss mit veralteten Zuständen und mit Praktiken, von denen man einsieht, dass sie einem wohlgeordneten Vollzug der Liturgie schaden. Natürlich schließt diese Bestimmung nicht aus, dass aufs neue Privilegien usw. bei der Ritenkongregation beantragt werden können.

Es ist merkwürdig, wie hartnäckig der Mensch an seinen Privilegien festhält und wie ungern er eine Gewohnheit aufgibt. Es ist so, als ob er nicht nachdenken möchte über seine althergebrachten Gewohnheiten, in denen er einherschlendert. Es wird deshalb mit Sicherheit ein Streit entstehen in bezug auf das contra legem oder praeter legem dieser Gewohnheiten, welche man behalten möchte, koste es, was es wolle. Auch wird die neue Rubrikenreform ungünstig beurteilt einzig und allein wegen der Tatsache, dass ein paar Privilegien preisgegeben werden müssen: man betrachtet dies aus dem Gesichtspunkt einiger Kleinigkeiten, welche man aufgeben muss, und ist blind gegenüber dem Gesamtanliegen. Natürlich, es bestehen auch Gewohnheiten, Privilegien usw., welche vernünftig sind und deshalb aufs neue bei der Ritenkongregation beantragt werden sollen. Weil dieser Weg offensteht, ist die Behauptung falsch, dass die radikale Beseitigung von Gewohnheiten, Bewilligungen und Privilegien ein Anschlag auf das Recht der Vielheit in der Einheit ist. Ein günstiges Anzeichen für ein wachsendes liturgisches Bewusstsein wäre es, wenn Bewilligungen, die einem gesunden liturgischen Leben eigentlich schaden, nicht mehr beantragt würden. An deren Stelle sollten Petitionen aus grundsätzlich liturgischer Haltung treten, um manches zu erreichen, das in dem neuen Rubrikenbuch noch nicht realisiert, aber für einen Verstehenden implizite angedeutet ist. So könnte vielleicht nach und nach auf dem Wege über partikuläres Recht verwirklicht werden, was für eine allgemeine Anordnung noch nicht ausgereift ist.

Anpassung an die römische Liturgie

4. Anpassung der übrigen lateinischen Riten und des partikulären Kalendariums und der Proprien an das neue Rubrikenbuch (vgl. auch Motu proprio Nr. 1-3). Auf den ersten Blick scheinen diese Anpassungsverpflichtungen einen unrechtmäßigen Angriff der übermächtigen römischen Liturgie auf die anderen lateinischen Riten und der in der römischen Liturgie verkörperten Einheit auf die Vielfalt darzustellen. Doch ist das nur ein Anschein. Diese Bestimmungen wollen zu einer ernsten Besinnung mahnen. In der universalen römischen Liturgie besteht eine Eigenständigkeit, das "Proprium" der Bistümer und der religiösen Institutionen. Außerdem muss man zugeben, dass es in der Tat nirgends eine einförmige römische Liturgie gibt; denn überall wird diese auf eigenständige Weise gefeiert. Will aber die römische Liturgie nicht auseinanderfallen, dann muss sie darüber wachen, dass ihre Einheit durch die Eigenständigkeit nicht verstümmelt oder versehrt wird. Die Eigenständigkeit muss sich besinnen auf ihren "römischen" Charakter und diesen, sofern es notwendig ist, herstellen. Für alle partikulären Kalendarien,. und Proprien ist von neuem eine Genehmigung der Ritenkongregation erforderlich. Es versteht sich von selbst, dass auch in diesen Antrag wieder Petitionen und Indulte usw. eingeschlossen werden können. Im neuen Rubrikenbuch findet man eine "Deklaration" in bezug auf das Zusammenstellen von partikulären Kalendarien, in der gleichzeitig noch besondere Instruktionen in Aussicht gestellt sind. Auch von den anderen lateinischen Riten wird Anpassung an das neue Rubrikenbuch gefordert. Bei den verschiedenen Reformen in der römischen Liturgie im Verlauf der letzten Jahre, vor allem bei der Revision der Liturgie der Karwoche, musste festgestellt werden, dass andere Riten diese Reformen auch zu übernehmen wünschten. Es kam vor, dass von seiten anderer Riten Vorschläge gemacht wurden, welche einerseits die römischen Reformen opportunistisch vergewaltigten und anderseits dem eigenen Ritus Gewalt antaten auf die Gefahr hin, dass dieser praktisch im wesentlichen aufgehoben wurde. Jetzt wird Anpassung gefordert in allen Dingen, die den anderen lateinischen Riten nicht wesenhaft sind. Um diese Anpassung zu einem glücklichen Ende zu bringen, ist fachmännisches Können erforderlich. Was die sehr alten lateinischen Riten betrifft, z. B. die ambrosianischen und mozarabischen, so ist die Anpassung weniger mühsam. Lateinische Riten, die im späten Mittelalter entstanden sind, werden, da die römische Liturgie den Weg der Säuberung und Wiederherstellung geht, darauf überprüft, ob sie etwa unvollkommene Formen der alten römischen Liturgie darstellen, welche bei Säuberung und Wiederherstellung wieder auf die römische Liturgie zurückkommen, wenn diese nun zu neuem Leben erweckt wird.

Die verschiedenen Ausgaben des Breviers und des Missale

5. Auch jetzt bleiben die vorhandenen Ausgaben des Breviers (gemäß der editio typica von 1914) und des Missale (gemäß der editio typica von 1920) in Kraft. Sie müssen selbstverständlich gemäß dem neuen Rubrikenbuch angewendet werden. Um dies zu ermöglichen, ist dem neuen Rubrikenbuch das Dokument Variationes in Breviario e Missali Romano ad norman novi codicis rubricarur beigefügt, ein Abschnitt von 16 Seiten: 2 Seiten geben die Veränderungen im Kalender an, 13,5 Seiten behanden das Brevier und eine halbe Seite die Messe.

Zugleich ist die Erlaubnis gegeben zu der Ausgabe eines neuen Breviers und Missale, in die die neuen Rubriken eingebaut sind (siehe Motu proprio Nr. 4-5); für die Bearbeitung dieser neuen Ausgaben sind spezielle Ordinationes dem neuen Rubrikenbuch beigegeben.

Im Zusammenhang mit den Veränderungen im Kalendarium ist auch eine Revision des Martyrologium Roman um (römisches Märtyrerbuch) notwendig. Diese wird im Anhang (Variationes in Martyrologio Romano) gegeben.

Ein altes Brevier oder Missale kann man also nur in Verbindung mit einem sorgfältig zusammengestellten "Ordo Divini Officii recitandi Sacrique peragendi" verwenden, während für das Brevier auch Einschübe erforderlich sind. Diese Situation ist bereits bekannt aus der Zeit zwischen 1955 und 1961. In diesen Jahren war die Forderung nach einer neuen Ausgabe des Breviers allgemein (eine neue Ausgabe des Missale wird weniger gefordert). Nun, da die Veränderungen in den Rubriken noch einschneidender geworden sind, müssten neue Ausgaben wohl genehmigt werden. Allein die praktische Erfahrung kann zeigen, ob ein altes Brevier für den täglichen Gebrauch noch eignet ist.

Wesentliche Veränderungen

6. Veränderungen, welche Wesenselemente der Liturgie berühren: Es muss jetzt über den schwierigsten Punkt des neuen Rubrikenbuches gesprochen werden.

Es gibt sicher Rubriken, welche das Wesen der Liturgie nicht berühren. Sie befassen sich mit Systematik, Unterteilungen und Gruppierungen, Klassifikationen, Techniken, Übersichten, Aufbau und dgl. Diese Gruppen sind zweifellos von Nutzen für die Zusammenstellung des Ordo Divini Officii recitandi Sacrique peragendi, aber sie sind verhängnisvoll, wenn sie richtungsweisende Grundsätze für die liturgische Feier geworden sind. Nach dem Konzil von Trient hat der Rubrizismus eine allzu große Übermacht in der römischen Liturgie eingenommen mit dem Erfolg, dass es in der Feier oft nicht mehr um die Sache selbst geht, sondern um das System. So wurden u. a. Feste nicht mehr beurteilt nach ihrem Inhalt, sondern nach ihrer Klassifikation, so dass es immer mehr vorkam, dass Heilige einen Vorrang hatten gegenüber Christus. Dies führte zu einer bedauerlichen Entwertung des Sonntags, des Tages des Herrn. Es entstand ein unübersichtliches System von Kommemorationen, das dazu führte, dass alle Feste, die auf einen Tag fielen, gefeiert werden mussten, obwohl die Gottesfurcht einen solchen Vollzug nicht verlangt und dadurch auch nicht gefördert wurde. Im Brevier wird das Psalterium laufend durch Feste gestört und die Schriftlesung nicht nach ihrem Inhalt, sondern nach "initia", nach Festen und nach Monatseinteilungen bestimmt.

Das neue Rubrikenbuch ist eine Verbesserung des im Augenblick geltenden Systems ("memoratam vero rubricarum Breviarii ac Missalis emendationem diutius non esse protrahendam"); denn es ist soweit als möglich angepasst an die rechtmäßigen Bedürfnisse der Liturgie selbst. Wir sagen "soweit als möglich", denn solange Brevier und Missale selbst nicht gründlich revidiert werden, ist eine vollständig befriedigende Lösung unmöglich. In Brevier und Missale aus der Zeit nach dem Trienter Konzil ist doch der äußerliche Rubrizismus so tief in die liturgische Feier selbst eingedrungen, dass eine Rubrikenverbesserung allein die Rettung nicht bringen kann. Die neue Kodifizierung beweist dies, denn es sind noch viele Punkte übrig geblieben, welche wenig oder nichts mit der Liturgie zu tun haben. Vieles, das zu diesem Zeitpunkt (1955 und jetzt) möglich war, wurde bereinigt, z. B. die Verlegung von Schriftlesungen und Hymnen im Brevier, der Ersatz des Johannesevangeliums als letztes Evangelium in der heiligen Messe durch andere Evangelien usw. Andere verwickelte Systeme wurden soweit als möglich vereinfacht, konnten aber nicht ganz beseitigt werden, z. B. das System der Kommemorationen oder das Umlegen von Festen. Andere Systeme scheinen einfacher zu sein, als sie wirklich sind, weil zu viele Ausnahmen erhalten bleiben mussten; hierzu gehören die Vier-Klassen-Systeme für Tage, Feste, Votivmessen und Totenämter, welche die große Grundsatzreform des neuen Rubrikenbuches genannt werden müssen. In der Tat, das neue Rubrikenbuch bringt Aufklärung, aber es kann nicht das geben, was schließlich gewünscht wird, denn dazu ist eine Rubrikenreform nicht in der Lage. Zu Recht wird der Rubrizismus die Krisis der römischen Liturgie genannt.

Ein Vergleich mag vieles verdeutlichen. Die Revision der Karwoche, das große Meisterwerk der Ritenkongregation, das immer berühmt bleiben wird, erreicht insgesamt, dass aus den Wesenselementen der Liturgie die Rubriken von selbst harmonischer hervorgehen und dass sie nicht so selbständig geworden sind, dass man sagen muss: "Hier ist eine Rubrik um der Rubrik willen." Nur eine vollständige Reform der Liturgie kann die Krisis, die durch den Rubrizismus entstanden ist, beseitigen. Aber dies ist Aufgabe des Konzils; jetzt wird nur eine Übergangslösung gegeben: "Nach langer und reiflicher Überlegung haben Wir geglaubt (sagt Johannes XXIII. im Motu proprio), dass die fundamentalen Grundsätze einer allgemeinen Erneuerung der Liturgie im kommenden Konzil den Vätern vorgelegt werd,m müssen, aber dass die bereits bekanntgegebene Reform der Rubriken von Brevier und Missale nicht länger zurückgestellt werden sollte."

Auf glückliche Weise hat jedoch das neue Rubrikenbuch einzelne kleine, aber darum nicht weniger wichtige Reformen eingeführt, welche das Wesen der Liturgie betreffen, z. B. verleiht es dem Proprium de tempore ein größeres Gewicht. Es stellt die Sonntagsliturgie wieder her, es nimmt die Kommunion der Gläubigen vollständig in die Messliturgie auf, es vermeidet unnötige Überlagerungen usw. Zugleich wurden hier und dort Grundsätze formuliert, welche noch nicht praktisch ausgearbeitet sind, aber auf die Zukunft hoffen lassen, z. B. lassen sie die Notwendigkeit des Nebeneinander von verschiedenen Formen erkennen, nach denen das Stundengebet der Kirche ausgeführt werden kann. Ferner betonen sie den Grundsatz verschiedener Formen der Messfeier, betonen den öffentlichen Charakter der Liturgie mit vollständiger innerer und äußerer Entfaltung; das Streben nach Innerlichkeit und die Aufrichtigkeit in der Erfüllung der liturgischen Pflichten.

Als Übergangsregel kann man das neue Rubrikenbuch "einen guten Schritt vorwärts" nennen, wenn auch der Akzent auf der systematischen äußeren Kodifikation der Rubriken liegt und weniger "Tatsachen" geschaffen werden als fünf Jahre vorher in dem damaligen Dekret zur Vereinfachung der Rubriken. Die Behauptung, dass dies ein Schritt rückwärts sei und eine Neubelebung des Rubrizismus zur Folge habe, kann nicht bewiesen werden und scheint stark übertrieben zu sein.

Verkürzung des Breviers

7. Eine weitere Verkürzung des Breviers wird auch in dem neuen Rubrikenbuch vorgenommen. Es ist wahr, dass für diejenigen Priester, die mitten in der Seelsorge stehen, das Brevier als eine Last angesehen wird, vor allem weil neben dem Brevier noch viele andere Gebetsverpflichtungen bestehen. Um Erleichterung zu bringen, wurde auch jetzt wieder, ebenso wie 1955, der Text des Breviers gekürzt. Am meisten beschnitten wurden die Metten, und dieses Mal wurden die Väterlesungen zum großen Teil entfernt.

Kann man die Kürzung, so wie sie jetzt vorgenommen wird, eine glückliche Lösung nennen? Zuerst muss festgestellt werden, dass die Entfernung aller möglichen Elemente, das Beschneiden von Texten, die Neuordnung von Teilen einer guten Komposition nur schaden können. Was man auch denken mag über einzelne Grundsätze des Breviers des heiligen Pius X., z. B. die Neuordnung der Psalmen, es muss zugegeben werden, dass es ein harmonisches Ganzes bildet und das Resultat eines wohlerwogenen, besonnenen Studiums darstellt. Es ist darum verständlich, dass vor allem Spezialisten der Liturgiewissenschaft aus echtem Respekt vor den inneren Qualitäten des Werkes Pius' X. bedauern, was jetzt geschieht. Wenn sie von Verstümmelung des Breviers Pius' X. sprechen, wenn sie protestieren, dass Teile entfernt werden, welche als Wesenselemente des Breviers bezeichnet werden müssen (z. B. das Vaterunser, die Fürbitten), dann sprechen sie so um der Wahrheit willen, welche sie kraft ihres Amtes und namens der Wissenschaft verteidigen müssen.

Die Kürzung des Breviergebetes ist wahrscheinlich nützlich für eine bestimmte Gruppe des Klerus, namentlich für überlastete Seelsorger, und dann noch nicht einmal für alle Tage. Wenn die Texte des Breviers beschnitten werden, wird auch die Gebetszeit derjenigen abgekürzt, die sich aus Berufung voll und ganz dem Chorgebet widmen. Schießt darum diese Kürzung am Ziel nicht vorbei?

Fragt man nach dem tiefsten Grund, warum das Brevier eine Last genannt werden muss für den Klerus, der in der Seelsorge steht, dann muss man sagen, dass die Ursache in der Art der Verpflichtung liegt. Die Teile des Breviers, welche ihrer Art nach zu jedem Priesterleben gehören, sollten durch ein Gesetz streng verpflichtend gemacht werden, während die anderen Teile nicht allgemein freiwillig sein, sondern sich nach den konkreten Möglichkeiten richten und abhängig sein sollten von der inneren Verpflichtung, welche aus dem priesterlichen Geist des Gebetes erwächst. Würde man diesen Weg gehen, dann käme man zurück zu der Praxis in der Zeit Gregors des Großen, welcher nicht selten "der Vater des Breviers" genannt wird; damals gab es einen Unterschied im Stundengebet zwischen dem Anteil des Klerus und dem der Mönche. Diese Lösung würde das Brevier Pius' X. nicht antasten und ebenso wenig das Chorgebet, das doch die höchste Form des Stundengebetes der Kirche ist, herunterholen auf das Niveau derjenigen, deren Gebetszeit durch das Apostolat beschränkt ist.

Unter dem Klerus besteht ein Geist des Minimalismus in bezug auf das Gebet. Es gibt Geistliche, die das neue Rubrikenbuch allein begrüßen wegen der Verminderung der Gebetszeit. Diesen Minimalismus will der Heilige Stuhl nicht fördern. Es muss deshalb appelliert werden an den Willen zum Gebet, den jeder Priester notwendig braucht. Darum wird am Schluss des Motu proprio angelegentlichst empfohlen, freiwillig das zu tun, was das Rubrikenbuch aus dem Pflichtgebet weggelassen hat, nämlich die Lesung und die Betrachtung der Schriften der Väter. Auch in radikalen Vorschlägen zu einer Brevierreform hört man die gleichen Töne. Eine Überbelastung an äußeren Pflichten in bezug auf Dinge, die ihrem Wesen nach innerlich sind, schaden der Sache selbst, wie die Erfahrung beweist: für wie viele Priester ist nicht das Beten des Breviers nur noch Bußübung, Erfüllung einer äußeren Pflicht? Weil das Brevier ihnen nichts sagt, haben sie andere Formen des Gebetes ins Leben gerufen, welche ihren inneren Drang, zu beten, befriedigen. Auch diese Formen wurden wieder zu einer äußeren Pflicht mit dem Erfolg, dass das ganze Beten als ein "Pensum", als eine Sklavenarbeit angesehen wird. Auf diese Weise ist eine beunruhigende Krisis im Gebetsleben der Priester entstanden. Eine hartnäckige Verteidigung der bestehenden äußeren Verpflichtung ist lediglich eine Scheinlösung ; anderseits wäre aber die Aufhebung jeder Verpflichtung ebenfalls eine fatale Torheit; auch hier gilt: "veritas in medio". Es ist aber nicht einfach, den goldenen Mittelweg zu finden. Es geht hier letzten Endes nicht um die Quantität (mehr oder weniger beten), sondern um die Qualität (besser beten). Es muss eine Antwort gegeben werden auf die Frage, ob vom Klerus beim täglichen Breviergebet in erster Linie die Erfüllung eines bestimmten Gebetspensums verlangt wird, das im Namen der Kirche abgeleistet werden muss, also ein Pensum von Gebetsworten, die, wenn sie gesprochen werden, sicher auch mehr oder weniger in das Innere eindringen, oder ob das Breviergebet zu allererst vielmehr Nahrung sein muss, wodurch das geistliche Leben lebendig gehalten wird.

Das Gebetsleben des Klerus muss gerade in dieser Zeit einer überspannten äußerlichen Aktivität gefördert werden. Auch Kürzungen, wie sie jetzt gegeben werden, beabsichtigen einzig und allein die Förderung der Gebetsintensität, was man auch denken mag über die angewandte Methode. "Auf väterliche Weise spornen Wir alle an, die gehalten sind, das Officium Divinum zu beten, dass sie, auch wenn das eine oder andere im Officium Divinum abgekürzt wird, dies durch größere Andacht und Ehrerbietung ausgleichen", sagt Papst Johannes XXIII. am Schluss des Motu proprio.

Das Urteil der Bischöfe

8. Im Motu proprio wird erwähnt, dass Pius XII. 1956 die Meinung der Bischöfe über eine liturgische Erneuerung des Breviers erfragt habe. Nachdem er die Antworten der Bischöfe reiflich erwogen hatte, hat er eine Untersuchung angeordnet über eine allgemeine und systematische Erneuerung der Rubriken von Brevier und Missale. Die Frucht dieser Untersuchungen ist das neue Rubrikenbuch. Ob es alle Erwartungen erfüllt, ist eine Frage, welche die Bischöfe sicher beantworten werden, vor allem im Hinblick auf das kommende Konzil. Das neue Rubrikenbuch hat es ihnen jetzt, wo alles übersichtlich geordnet ist, leicht gemacht, sich ein Urteil zu bilden über das Rubrikensystem der römischen Liturgie. Infolgedessen hat diese Reform auch ihren großen Nutzen für die Vorbereitung des Konzils.

II. Kurze Analyse des Hauptteils "Rubricae Breviarii et Missalis Romani"

Es ist bereits gesagt worden, dass dieser Abschnitt der Kern der neuen Rubrikenreform ist. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den äußeren Regeln, also den Rubriken des Breviers und des Missale. Hierüber wird in dieser Analyse nicht gesprochen. Jedoch wird hingewiesen auf einzelne der wichtigsten Punkte, welche für die Liturgie selbst von Belang sind:

1. Die Messen und Offizien des Proprium de tempore haben einen wichtigeren Platz erhalten gegenüber den Heiligenfesten (Proprium Sanctorum). Die Sonntage sind ausschließlich I. oder II. Klasse. Ein Fest I. Klasse hat keinen Vorrang gegenüber einem Sonntag 1. Klasse. Desgleichen hat ein Fest II. Klasse keinen Vorrang gegenüber einem Sonntag II. Klasse. Einzelne Feste des Herrn werden wie bisher an einem Sonntag, dem Tag des Herrn, gefeiert: das Namen-Jesu-Fest, das Fest der Heiligen Familie, das Dreifaltigkeitsfest, das Christkönigsfest.

An diesen Tagen werden die verdrängten Sonntage nicht erwähnt, so dass man jetzt sprechen kann von einem Sonntag des Heiligsten Namens Jesu, von einem Sonntag der Heiligen Familie, dem Dreifaltigkeitssonntag, dem Christkönigssonntag.

Für den Fall, dass das Fest der Unbefleckten Empfängnis (8. Dezember) auf einen Sonntag im Advent fällt (I. Klasse), gilt nicht mehr die Regelung von 1955, denn jetzt verdrängt das Marienfest wieder den Tag des Herrn. Wahrscheinlich musste man den Protesten der glühenden Marienverehrer nachgeben.

Die ganze Fastenzeit ist jetzt von so hohem Rang, dass kein Fest III. Klasse an Werktagen gefeiert werden kann. An sich ist dies eine ausgezeichnete Maßnahme, aber es werden leider Proteste kommen, weil viele Heiligenfeste jetzt praktisch fortwährend oder meist zu einer Kommemoration degradiert werden und weil davon vor allem große Heilige betroffen werden, z. B. Thomas von Aquin (7. März), Papst Gregor der Große (12. März), der hl. Benedikt (21. März), Papst Leo der Große (11. April).

Die Matutin aller Sonntage ist zurückgeführt auf 9 Psalmen und 3 Lesungen (Ostern und Pfingsten bleiben 3 Psalmen und 3 Lesungen vorbehalten). Es ist klar, warum dies geschehen ist: um denen entgegenzukommen, die am Sonntag wenig Zeit haben. Viele werden das bedauern, weil bereits seit Gregor dem Großen der Sonntag besonders geheiligt wird durch 3 Nokturnen. Fachleute wissen, dass eine Entschuldigung wegen des sog. Alters der kurzen Metten von Ostern und Pfingsten nicht stichhaltig ist.

2. Die Eigenmessen der Heiligen (Proprium Sanctorum) kennen neben einigen Festen 1. und II. Klasse eine große Gruppe von Festen III. Klasse, worin alle Duplex-, Semiduplex- und Simplex-Feste aufgegangen sind, und eine kleinere Gruppe von Heiligen-"Festen", die auf eine Kommemoration beschränkt wurden. Einige kleinere Korrekturen wurden angebracht, wahrscheinlich als Vorstufe einer zukünftigen umfassenden Reform. So wurde z. B. das Fest der Erscheinung des Erzengels Michael (8. Mai) aufgehoben, aber geblieben ist das merkwürdige Fest 1. Klasse der "Dedicatio" des Erzengels Michael (29. September); drei Marienfeste wurden auf eine Kommemoration eingeschränkt, nämlich Maria vom Berg Karmel (16. Juli), Maria von der Erlösung der Gefangenen (24. September) und das Fest der Sieben Schmerzen Mariä in der Passionswoche.

Für die partikulären Kalendarien ist von Belang, dass ihre Feste I. und II. Klasse keinen Vorrang haben gegenüber den Festen I. und II. Klasse des allgemeinen Kalendariums, wohl aber ihre Feste III. Klasse gegenüber den allgemeinen Festen III. Klasse.

Die Feste I. und II. Klasse behalten ihre Matutin von 9 Psalmen und 9 Lesungen; die Feste III. Klasse dagegen bekommen eine Matutin von 9 Psalmen und 3 Lesungen.

3. Die Definition eines liturgischen Tages ist ein typisches Beispiel für eine rubrizistische Definition. "Ein liturgischer Tag ist ein Tag, der durch liturgische Handlungen geheiligt ist, vor allem durch das eucharistische Opfer und durch das Stundengebet der Kirche, das Officium Divinum; er zählt von Mitternacht zu Mitternacht" (Nr. 4). "Die Feier des liturgischen Tages reicht von der Matutin bis zur Komplet. Es gibt jedoch Feiertage, an denen das Stundengebet mit der 1. Vesper des vorausgehenden Tages beginnt" (Nr. 5). Weil solche Ausnahmen genau angegeben werden, gibt es keine Missverständnisse.

Vom "liturgischen" Standpunkt her spielt die Mitternachtsstunde keine Rolle (wohl aber in den kirchenrechtlichen Bestimmungen). Die wichtigsten liturgischen Tage beginnen mit der 1. Vesper und enden mit der Komplet. Andere (so z. B. die Vigiltage) beginnen mit der Matutin und enden mit der Non; der größte Teil reicht jetzt von der Matutin bis zur Komplet. Die liturgischen Zeiten (Nr. 71-77) beginnen fast alle mit der 1. Vesper und enden nicht selten mit der Non. Wenn nun von der Vigil von Ostern, dem Karsamstag, gesagt wird, dass er kein liturgischer Tag sei (Nr. 28), dann kann dies nur aus der alten Bedeutung des Wortes "aliturgisch" verstanden werden, also ein Tag ohne Feier der heiligen Eucharistie.

Sehr wichtig ist der Hinweis, dass man sich möglichst an die wirkliche Zeit der kanonischen Stunden des Breviergebetes halten solle (Nr. 142). Doch weiß hier der Gesetzgeber, dass dies in der Praxis des modernen Lebens sehr oft nicht möglich ist, so dass er genötigt ist, Ausnahmen zuzulassen (Nr. 143-147). Es ist schon viel erreicht, wenn Laudes, Vesper und Komplet zu den ihnen zukommenden Zeiten gebetet werden. Diese Anregung des neuen Rubrikenbuches verdient alle Aufmerksamkeit.

Die Bittage

4. Die Bittage (Litaniae minores oder Rogationes) versucht das neue Rubrikenbuch besser an die Wirklichkeit anzupassen (Nr. 87-90). An sich fallen sie nach wie vor auf Montag, Dienstag und Mittwoch vor Christi Himmelfahrt, aber der Bischof kann sie auf geeignetere Tage verlegen. Die eigene Messe wird nur gefeiert in Verbindung mit der Prozession oder mit besonderen Bittgebeten, wenn eine Prozession nicht möglich ist. Die Litanei mit den daran anschließenden Gebeten ist allein vorgeschrieben für die Prozession oder die besonderen Bittgebete.

Die Litanei vom 25. April, welche mit dem Fest des hl. Markus nichts zu tun hat (sie bestand bereits vor Gregor dem Großen wider die heidnischen Feste zu Ehren des Gottes Robigus, des Beschirmers der Landwirtschaft), bleibt mit der Messe verbunden (Nr. 80-86). Wer nicht bei der Prozession oder den besonderen Bittgebeten anwesend ist und unter die Verpflichtung des Breviergebetes fällt, muss die Litanei und die folgenden Gebete doch beten, und zwar auf lateinisch. Er braucht sie nicht auf lateinisch zu wiederholen, wenn er sie während der Prozession oder den besonderen Bittgebeten zusammen mit dem Volk in der Sprache des Volkes betet.

Das Stundengebet

5. Die Einheit des kirchlichen Stundengebetes bleibt erhalten, jedoch wird für die Ausführung ein Unterschied gemacht zwischen Chorgebet, gemeinsamem Rezitieren und Einzelgebet (Nr. 140). Es ist jetzt vorgeschrieben, dass der, welcher das Brevier allein betet, an Stelle von "Dominus vobiscum" sagen muss "Domine, exaudi orationem meam" (Nr. 247).

Wer mit den Problemen im Zusammenhang mit den Vorschlägen für die Brevierreform vertraut ist, versteht, dass das neue Rubrikenbuch keine Lösung geben konnte. Es ist einfach, das Unhaltbare der heutigen Situation zu kritisieren, aber eine redliche Lösung zu geben ist eine äußerst mühsame Aufgabe.

6. Die Antiphonen vor und nach den Psalmen im Brevier müssen jetzt als Ganzes rezitiert werden (Nr. 191). Für denjenigen, der sich kein neues Brevier anschafft, dürfte es nicht so einfach sein, in den kleinen Horen zurechtzukommen, weil dort vor dem Psalm nur der Anfang der Antiphon gedruckt ist.

Die Feier der heiligen Messe

7. Für die Feier der heiligen Messe wurden einige wichtige Bestimmungen getroffen:

In allen gesungenen Messen darf Weihrauch verwendet werden (Nr. 426).

In allen gesungenen Messen lässt der Zelebrant die Teile aus, welche der Diakon, Subdiakon oder Lektor kraft ihres eigenen Amtes singen oder lesen. Der Zelebrant muss dagegen das beten, was das Kyriale und das Messantiphonar für das Volk und den Chor vorschreiben.

Der Psalm "Iudica" mit seiner Antiphon, die Confessio mit der Absolution und die Gebete "Aufer a nobis" und "Oramus te, Domine" werden weggelassen, wenn andere liturgische Funktionen der Messe unmittelbar vorausgehen (Nr. 424).

Das Ende der Messe wurde für einige besondere Gelegenheiten vereinfacht (Nr. 507-510).

Die Kommunion der Gläubigen ist zeremoniell ein Bestandteil der Messe geworden (Nr. 503), während Missbräuche in bezug auf das Austeilen der Kommunion ausdrücklich missbilligt werden (Nr. 502).

Die Predigt ist ausdrücklich als integrierender Teil der heiligen Messe wiederhergestellt, während es verboten ist, zu predigen und gleichzeitig die Messe fortzusetzen (Nr. 474).

Von den 5 Lesungen vor der Epistel am Samstag der Quatembertage dürfen die vier letzten weggelassen werden mit Ausnahme der Konventualmessen und der Messen, in denen Weihen stattfinden (Nr. 468).

Der Gebrauch der "oratio imperata" wurde sehr beschränkt und an besondere Umstände gebunden (Nr. 454 bis 460).

8. Die Votivmessen sind eingeteilt nach dem Vier-Klassen-System. Zur III. Klasse gehören jene Votivmessen, welche im Zusammenhang stehen mit monatlich wiederkehrenden geistlichen Übungen:

Christus Hoherpriester (1. Donnerstag im Monat),

Heiligstes Herz Jesu (1. Freitag im Monat),

Unbeflecktes Herz Mariä (1. Samstag im Monat).

Zur IV. Klasse gehören alle Votivmessen, welche gelesen werden aus einem privaten Anliegen des Zelebranten oder der Gläubigen.

9. Die Messen für Verstorbene sind ebenfalls in das Vier-Klassen-System eingeordnet worden. Die Vorschriften für die Feier der Messe am Begräbnistag und einigen anderen sind etwas gelockert worden, während der Gebrauch der Missa quotidiana de requie beschränkt wurde.

III. Die psychologische Reaktion

Die Revision eines Gesetzbuches ist nicht vollendet mit seiner Neuausgabe. Nach der Promulgation des Gesetzbuches muss das, was darin vorgeschrieben wird, durch die Gemeinschaft praktisch ausgeführt werden. Dies gilt auch für das neue Rubrikenbuch. Deshalb ist die Frage angebracht, wie die Gemeinschaft, und in diesem Fall, wie insbesondere die Hunderttausende von Priestern, die in der ganzen Welt in allen möglichen Wirkungsbereichen stehen, auf die neue Gesetzgebung reagiert haben und noch reagieren werden. Die Bekanntmachung des neuen Rubrikenbuches geschieht in einer Zeit, in der viele internationale Kontakte hergestellt werden. Das hat auch mannigfache Auswirkungen auf liturgischem Gebiet, auf dem die nationalen und regionalen Traditionen und Bräuche eine weit größere Rolle spielen, als die übliche Vorstellung von der "Einheit der katholischen Liturgie" in der lateinischen Kirche es vermuten lässt. Viele dieser Traditionen sind ja auch nicht nur Bräuche, sondern zugleich Ausdrucksformen eines Stils der Frömmigkeit und einer Glaubensschau mit eigenwilligen Akzenten.

Im allgemeinen muss festgestellt werden, dass Unsicherheit, Unruhe und Verwirrung entstanden sind und dass in vielen Kreisen des Klerus erhebliche Besorgnis wahrzunehmen ist. Es ist nicht zu erwarten, dass sich alsbald alles wieder beruhigt haben wird; denn die meisten Priester sind noch im Zweifel, ob sie sich ein neues Brevier anschaffen sollen oder nicht. Weil niemand sagen kann, wie lange das neue Brevier gültig sein wird, scheut man die nicht unerheblichen Kosten. Es kommt noch eine andere Schwierigkeit hinzu. Für die Revision der Proprien müssen noch Richtlinien gegeben werden, und Genehmigungen der Ritenkongregation sind noch erforderlich. Wie lange wird das noch dauern? Diese Frage ist begründet, denn man schafft kein neues Brevier ohne neues Proprium an.

Im Augenblick ist folgende Situation entstanden: Zum dritten Mal muss der Klerus Rubriken studieren mit der Aussicht auf eine neue Änderung in naher Zukunft. Aus dieser Lage ist ein ernster Konflikt geworden, der sich wie folgt äußert: Weiß der Gesetzgeber selber wohl genau, was er will? Wie können wir die Rubriken noch ernst nehmen? Warum bereitet uns die Liturgische Bewegung soviel Schwierigkeiten? Warum wird nicht gewartet, bis man mit einer definitiv befriedigenden Lösung hervortreten kann? Wie viele Priester sind in der Lage, sich das Rubrikenbuch zu eigen zu machen nach der Umorientierung vor fünf Jahren? Warum muss so viel Energie aufgewendet werden auf alle möglichen Kleinigkeiten, während doch auch in der Liturgie so große grundlegende Fragen auf eine Lösung harren?

Es dürfte deutlich geworden sein, dass wirklich Unsicherheit, Unruhe und Verwirrung herrschen und dass die Besorgnis verständlich ist. Das schlimmste ist jedoch, dass man auf alle diese sehr ernsten Fragen keine Antwort geben kann, welche die Gemüter beruhigen würde. Dennoch gibt es eine Lösung.

Wenn den Schwierigkeiten, in denen sich der Klerus befindet, ehrliches, aufrichtiges Verständnis entgegengebracht wird, dann bleibt das Vertrauen bestehen, und dann kann sehr vieles erreicht werden bei Menschen, von denen man annehmen darf, dass sie guten Willens sind. Es würde falsch sein, wollte man darauf sinnen, die wirklichen Schwierigkeiten wegzudisputieren mit nichtssagenden Argumenten oder wegzukommandieren mit Äußerungen, welche dem Grundsatz entsprechen würden "Befehl ist Befehl". Rechtschaffene Menschen sind mit vernünftigen Gedanken ansprechbar, d. h., dass sie jede Situation schließlich zu meistern wissen und sich an das anpassen können, was von ihnen verlangt wird, sofern das allgemeine Interesse dies erfordert. Inmitten der Unsicherheit, Unruhe und Verwirrung werden sie den rechten Weg finden. Im Laufe der Zeit wird dann auch die Anerkennung kommen für das Positive, das das neue Rubrikenbuch enthält.

Literatur

Eine ausgezeichnete Abhandlung über das neue Rubrikenbuch schrieb Joseph Loew CSSR im "Osservatore Romano" am 2. September 1960 unter dem Titel "Il Motu proprio ,Rubricarum instructum' e il nuovo Codice di rubriche per il Brcviario e il Messale Romano"; eine deutsche Übersetzung gab der "Heilige Dienst" (14/1960, S. 67-72): "Das Motu proprio ,Rubricarum instructum' und der neue Kodex der Rubriken für das römische Brevier und Missale". Ein weiterer Artikel von P. Loew, "Der neue Rubrikenkodex", erschien in "Der Seelsorger" (31/1960, S. 64-77).

In der Lateran-Universität zu Rom hielt Kardinal Gaetano Cicognani eine Ansprache: "La promulgazione deI Sinodo e la codificazione delle rubriche deI Breviario e del Messale romano", welche im "Osservatore Romano" vom 4. November 1960 veröffentlicht wurde.

In den "Ephemerides Liturgicae" (74/1960, S. 217-257) schrieb C. Braga CM einen bedeutenden Kommentar mit dem Titel "In novum codicem rubricarum". Es ist eine erfreuliche Tatsache, dass diese richtungweisende römische Zeitschrift mit Freimütigkeit alle Fragen behandelt und ihrerseits sehr viele Wünsche formuliert.

Quelle

Herder-Korrespondenz, Herder Verlag, Fünfzehnter Jahrgang 1960/61; Viertes Heft, Januat 1961, S. 496-497 + Zwölftes Heft, Dezember 1960, S. 542-543; mit geringen Auslassungen.

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