Erklärung zum Zölibat der Priester
In der gegenwärtigen Stunde der Kirche ist es vielen schwerer geworden, die priesterliche Ehelosigkeit recht zu verstehen. Das wissen wir aus zahlreichen Briefen und persönlichen Gesprächen. Allen, die ehrlich um dieses Problem ringen, versichern wir, daß wir ihre Not sehen und sie sehr ernst nehmen. Die Frage nach dem Zölibat der Priester darf nicht isoliert betrachtet werden, denn sie steht im Zusammenhang mit dem Heilsauftrag der Kirche und dem besonderen Dienst des Priesters. Es geht um eine Entscheidung, die unmittelbar mit unserem Glaubensverständnis zusammenhängt.
I.
1. Nach dem Glauben der Kirche wird der Priester im Sakrament der Weihe so in Dienst genommen, daß in ihm die Hirtensorge Jesu Christi in der Kirche und in der Welt gegenwärtig ist. Dieser Auftrag fordert den Einsatz des ganzen Menschen. Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist eine Lebensform, in der diese vorbehaltlose Indienstnahme des Priesters besonders deutlich zum Ausdruck kommt.
2. Der Glaube wird in der gegenwärtigen Welt als ein großes Wagnis erfahren. Wer inmitten der heutigen Welt die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen lebt, gibt Zeugnis für eine Dimension des Menschen, die über alles Innerweltliche hinausweist und die im Glaubensvollzug auf Christus ihre volle Erfüllung findet.
3. Die Kirche, die als pilgernde Gemeinschaft dem kommenden Reich Gottes entgegengeht, ist immer wieder - wie die Geschichte zeigt - versucht, zur weltlichen Größe zu werden und sich im Zeitlichen einzurichten. Die Bereitschaft der Priester, in der Ehelosigkeit einen schwerwiegenden persönlichen Verzicht zu leisten, ist Zeugnis für Christus, Zeichen der Hoffnung auf das Kommende und damit Dienst für die Kirche und die Welt. Diesen Dienst leisten die Priester aber nur, wenn sie ihr Jawort zum Priestertum in der Lebensform des Zölibates mit dem gleichen sittlichen Ernst geben wie die Brautleute ihr bindendes Jawort am Traualtar.
4. Die Tatsache, daß die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ein Gnadengeschenk Gottes ist, verbietet es nicht, sie zu einem Auswahlprinzip für den priesterlichen Dienst zu machen. Es handelt sich hier um eine Lebensform, die gerade in der Gemeinsamkeit aller Priester ihre Bedeutung für die Kirche erlangt und die darum vom ganzen Gottesvolk im Geist des Evangeliums mitgetragen werden muß.
II.
1. Wegen dieses Zeugnischarakters für Christus hält die Deutsche Bischofskonferenz an der Verbindung des Priesteramtes mit der Ehelosigkeit fest. Sie bekräftigt den Beschluß des Zweiten Vatikanischen Konzils vom 7. Dezember 1965, ihre eigene Erklärung vom 28. Dezember 1968 und ihre Aussagen im Schreiben über das priesterliche Amt vom 11. November 1969. Die deutschen Bischöfe stehen zu den Erklärungen, die Papst Paul VI. in seinem Schreiben an Kardinal Villot vom 2. Februar 1970 über die Ehelosigkeit der Priester in der lateinischen Kirche abgegeben hat.
2. Wir sind daher entschlossen, auch in Zukunft die Priester aus den Reihen derer zu berufen, die die Gnadengabe der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ergreifen. Wir werden Priester, die von ihren Verpflichtungen entbunden worden sind, nicht wieder zum priesterlichen Dienst zulassen.
3. Wir verkennen dabei nicht, daß in der Zukunft ernste pastorale Schwierigkeiten entstehen können. Wir werden gemeinsam mit Priestern und Laien nach Wegen suchen, die der Sicherung einer geordneten Seelsorge dienen können. Die Möglichkeiten des kirchlichen Einsatzes katholischer Laien und der Weihe verheirateter Männer zu Diakonen werden dabei besondere Beachtung finden. Auch das Gespräch mit dem HI. Vater und mit den Episkopaten anderer Länder werden wir aufnehmen, um uns an den Überlegungen der Gesamtkirche zur Behebung besonderer seelsorglicher Notstände zu beteiligen.
III.
1. Wir danken den vielen Priestern unserer Diözesen, die in Treue und Hochherzigkeit zu ihrem einmal gefaßten Entschluß stehen, in ungeteilter Hingabe Christus und den Gläubigen zu dienen. In seiner Zeichenhaftigkeit ist der Zölibat untrennbar mit dem Geist der Armut, des Gebetes und des "Gehorsams Jesu Christi" (1 Petr. 1,2) verbunden. Gerade die heutige Diskussion um den Zölibat macht offenkundig, daß die priesterliche Ehelosigkeit nicht isoliert gesehen werden darf, sondern in diesen größeren Zusammenhang einer wahrhaft hochherzigen Nachfolge Christi gehört.
2. Eine so ernste Entscheidung kann nur nach einer ebenso ernsten Prüfung des eigenen Wollens und der eigenen Kraft getroffen werden. Deshalb wollen wir geneinsam mit den Priestern überlegen, was dazu beitragen kann, den endgültigen Entschluß zur Ehelosigkeit als Zeugnis für Christus in innerer Freiheit zu verrVirklichen. Durch neue Formen des priesterlichen Zuiammenlebens und Zusammenwirkens sollen Wege gefunden werden, die auch im täglichen Leben und im äglichen Dienst die notwendige Gemeinsamkeit des Zeugnisses fördern und die seelsorgliche Arbeit fruchtbar machen.
3. Wir sagen den jungen Männern, die vor ihrer Berufsentscheidung stehen: Der priesterliche Dienst teilt eine Lebensaufgabe, die den ganzen Menschen ordert, aber auch dem Leben einen unüberbietbaren und unaufhebbaren Sinn verleiht. Wir wissen, daß solhe Bereitschaft in vielen Christen, auch in zahlreichen Bewegungen und Gruppen junger Menschen, lebendig ist. Wir vertrauen auf die Gnade Gottes und auf die Glaubenskraft der christlichen Familien, daß aus ihnen junge Männer kommen, für die auch heute und morgen Christus der ist, um dessentwillen man den Entschluß zum ungeteilten Dienst wagen kann.