Gemeinsame Erklärung vom 27. Oktober 1971 im Vatikan
| Gemeinsame Erklärung von Papst Paul VI. und Seiner Heiligkeit Mar Ignatius Jacoub III., des syrisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien (Offizieller englischer Text: AAS 63 [1971] 814–815) |
|---|
(Quelle: Harding Meyer, Damaskinos Papandreou, Hans Jörg Urban, Lukas Vischer (Hrsg.): Dokumente wachsender Übereinstimmung. Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. Band 1. 1931–1982,, Bonifatius Verlag Paderborn und Verlag Otto Lembeck Frankfurt am Main 1983, Seite 527-528, ISBN 3-87088-674-9; Original englisch; L'Osservatore Romano 27. 10. 71, Wort und Wahrheit Supplementary issue number 1 (1972) 184; Übersetzung Der christliche Osten 26 (1971) 191f.)
Zum Abschluss ihrer feierlichen Begegnung, die einen neuen Schritt in den Beziehungen zwischen der Römisch-Katholischen und der Syrisch-Orthodoxen Kirche darstellt, haben Seine Heiligkeit Papst Paul VI. und Seine Heiligkeit Mar Ignatios Yaqub IIl. dem Allmächtigen Gott demütig gedankt, dag er ihnen diese historische Gelegenheit schenkte, gemeinsam zu beten, einen brüderlichen Gedankenaustausch über die Nöte der Kirche Gottes zu pflegen und von ihrem gemeinsamen Wunsch Zeugnis abzulegen, dass alle Christen ihren Dienst an der Welt in Demut und völliger Hingabe verstärken mögen.
Der Papst und der Patriarch haben die zwischen ihren Kirchen bereits bestehende tiefe geistliche Gemeinschaft anerkannt. Die Feier der Sakramente des Herrn, das gemeinsame Bekenntnis des Glaubens an den fleischgewordenen Herrn Jesus Christus, das Wort Gottes, das Mensch wurde zur Rettung der Menschen, die apostolischen Überlieferungen, die zum gemeinsamen Erbe beider Kirchen gehören, die großen Kirchenväter und Kirchenlehrer, darunter der hl. Kyrill von Alexandrien, die ihre gemeinsamen Lehrer im Glauben sind - aU das bezeugt das Wirken des Heiligen Geistes, der sein Werk in ihren Kirchen auch dann weiterführte, wenn es menschliche Schwäche und Fehler gab. Die Zeit gegenseitiger Beschuldigung und Verurteilung hat dem Willen Platz gemacht, einander zu begegnen und sich gemeinsam ernsthaft darum zu bemühen, die Last der Geschichte, die die Christen noch immer hart bedrückt, zu erleichtern oder gar zu beseitigen.
Fortschritte in diesem Sinn wurden bereits erzielt. Papst Paul VI. und Patriarch Mar Ignatios Yaqub III. stimmen darin überein, daß im Glauben an das Mysterium des Wortes Gottes, das Fleisch und wahrhaft Mensch geworden ist, kein Unterschied besteht, auch wenn über Jahrhunderte hin Schwierigkeiten auf Grund verschiedener theologischer Ausdrucksweise im Bekenntnis des Glaubens entstanden sind. Sie ermutigen daher den Klerus und die Gläubigen ihrer Kirchen, noch größere Anstrengungen zu unternehmen, um die Hindernisse, welche ihrer vollen Gemeinschaft entgegenstehen, zu beseitigen. Dies soll im Zeichen der Liebe, in bereitwilliger Offenheit gegenüber den Eingebungen des Hl. Geistes und in Achtung untereinander und zwischen den beiden Kirchen geschehen. Sie rufen in besonderer Weise die Theologen ihrer Kirchen und aller christlichen Gemeinschaften auf, in Demut und Treue gegenüber den apostolischen Überlieferungen tiefer in das Mysterium Christi einzudringen, so daß die Früchte ihrer Studien der Kirche in ihrem Dienst an der Welt helfen können, welche durch die Fleischwerdung des Sohnes erlöst wurde.
Diese Welt, die Gott so sehr liebte, dass er ihr seinen eingeborenen Sohn sandte, ist von Zwistigkeiten, Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit unter den Menschen zerrissen. Als christliche Hirten rufen der Papst und der Patriarch gemeinsam die Regierenden der Völker auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um einen dauerhaften Frieden unter den Nationen zu erreichen und die Hindernisse zu beseitigen, die es vielen Menschen unmöglich machen, an den Früchten der Gerechtigkeit und der religiösen Freiheit teilzuhaben. Dieser Aufruf richtet sich an alle Länder der Welt und in besonderer Weise an jenes Land, das durch die Verkündigung, den Tod und die Auferstehung unseres Herrn und Heilands Jesus Christus geheiligt wurde.