Votre présence autour
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unseres Heiligen Vaters
Pius XII.
über das Problem der künstlichen Befruchtung
29. September 1949
(Quelle: Herder-Korrespondenz, Vierter Jahrgang 1949/50, Herder Verlag Freiburg im Breisgau, Drittes Heft - Dezember 1949, S. 113-114; eigene Übersetzung)
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Hintergrund
Vom 26. bis 29. September fand in Rom der IV. Internationale Kongress katholischer Ärzte statt. Die ärztliche Wissenschaft berührt heute an immer zahlreicheren Punkten die Sphäre der moralischen Entscheidungen. Die Wissenschaft vom Leben hat dem Menschen eine solche Herrschaft über die Lebensvorgänge in die Hand gegeben, dass er in beängstigendem Maße verändernd in das Leben einzugreifen vermag. Der dunkle Schauder, mit dem das gesunde Empfinden diesen Möglichkeiten gegenübersteht, weist uns wohl darauf hin, dass wir hier an einer Grenze stehen; aber er ist nicht imstande, die genaue Grenzlinie aufzuzeigen. Um diese zu erkennen, müssen wir wissen, was der Mensch ist und was er soll, und dieses lehrt uns nur der christliche Glaube und das durch diesen vermittelte Menschenbild. Daher eröterten die in Rom versammelten katholischen Ärzte eine Anzahl von Problemen der modernen Wissenschaft im Lichte dieser Lehre. Man sprach hier über das Problem der Beseelung des Embryo, über die voreheliche Eugenetik, über die Narkoanalyse, über das Berufsgeheimnis gegenüber narkotischen Zuständen, über die Leukotomie und vor allem auch über die künstliche Befruchtung. Am 30. September wurden die Teilnehmer des Kongresses vom Heiligen Vater empfangen, der eine entscheidende Ansprache an sie hielt und die Grundsätze der katholischen Kirche über die künstliche Befruchtung darlegte.
Arzt und Moral
Nachdem der Heilige Vater die Schönheit und Größe des Berufs des Ärztes gepriesen und die Wichtigkeit des wissenschaftlichen Fortschritts betont hatte, warnte er davor, sich von dem Zauber des technischen Fortschrittes völlig verblenden zu lassen.
"Ob er sich nun mit dem Leib oder mit der Gesamtheit des Menschen und seiner Einheit beschäftigt, der christliche Arzt wird sich immer vor der Bezauberung durch die Technik, vor der Versuchung, sein Wissen und seine Kunst zu anderen Zwecken als zur Pflege des ihm anvertrauten Patienten zu benutzen, hüten müssen. Gott sei Dank wird er sich nie gegen eine andere, eine verbrecherische Versuchung zu verteidigen haben, nämlich die, die von Gott im Schoße der Natur verborgenen Wohltaten im Dienste niedriger' Interessen, beschämender Leidenschaften und unmenschlicher Anschläge zu benutzen."
Vor solchen Verirrungen, deren unsere Zeit uns furchtbare Beispiele gezeigt hat, bewahrt den christlichen Arzt sein Glaube.
"Die natürliche und christliche Moral besitzt überall ihre unabdingbaren Rechte; von diesen und nicht von Erwägungen des Gefühls, der materialistischen und naturalistischen Philanthropie, müssen die wesentlichen Grundsätze der ärztlichen Pflichtenlehre abgeleitet werden: die Würde des menschlichen Körpers, der Vorrang der Seele vor dem Leibe, die Brüderlichkeit aller Menschen, die souveräne Herrschaft Gottes über das Leben und das Schicksal.
Die künstliche Befruchtung
Wir haben schon manchmal Gelegenheit gehabt, eine ganze Anzahl von besonderen Punkten der ärztlichen Moral zu berühren. Doch heute steht eine Frage an erster Stelle, die nicht minder dringend als die anderen das Licht der katholischen Morallehre verlangt, die der künstlichen Befruchtung. Wir können die gegenwärtige Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne kurz in großen Zügen das sittliche Urteil aufzuzeigen, das diesem Gegenstand gegenüber notwendig ist.
1. Die Praxis dieser künstlichen Befruchtung kann, sobald es sich um den Menschen handelt, nicht ausschließlich und nicht einmal in erster Linie vom biologischen und ärztlichen Gesichtspunkt aus unter Nichtachtung der Moral und des Rechtes betrachtet werden.
2. Die künstliche Befruchtung außerhalb der Ehe ist kurz und einfach als unmoralisch zu beurteilen.
Das positive natürliche Recht, das göttliche Recht sagt, dass die Zeugung neuen Lebens nur die Frucht der Ehe sein darf. Die Ehe allein garantiert die Würde der Eheleute (im gegenwärtigen Falle vor allem die der Frau) und ihr persönliches Heil. Sie allein sorgt für das Wohl und die Erziehung des Kindes.
Folglich ist über die Verurteilung der künstlichen Befruchtung außerhalb der ehelichen Verbindung keine Meinungsverschiedenheit unter Katholiken möglich. Das unter solchen Bedingungen empfangene Kind wäre eben darum illegitim.
3. Die künstliche Befruchtung in der Ehe, jedoch hervorgerufen durch die aktive Einwirkung eines Dritten, ist ebenfalls unmoralisch und deshalb unwiderruflich abzulehnen.
Nur die Eheleute haben ein gegenseitiges Recht auf ihren Körper, um ein neues Leben zu zeugen, ein ausschließliches und unübertragbares Recht. Das ist auch im Hinblick auf das Kind notwendig. Wer einem kleinen Wesen das Leben schenkt, dem überträgt die Natur auf Grund eben dieses Bandes auch seine Erhaltung und Erziehung.
Aber zwischen dem legitimen Gatten und dem Kind, das Frucht der aktiven Mitwirkung eines Dritten (auch mit Zustimmung des Gatten) wäre, besteht kein ursprüngliches Band, kein moralisches und juristisches Band ehelicher Zeugung.
4. Im Hinblick auf die Erlaubtheit der künstlichen Zeugung in der Ehe möge es uns im Augenblick genügen, an folgende Grundsätze des natürlichen Rechts zu erinnern: die einfache Tatsache, dass das Ergebnis, auf das man hinzielt, auf diese Weise erreicht wird, rechtfertigt nicht den Gebrauch des Mittels selbst; und der an sich sehr berechtigte Wunsch der Eheleute, ein Kind zu haben, genügt nicht, um die Rechtmäßigkeit des Rückgriffs auf die künstliche Befruchtung, die diesen Wunsch erfüllt, zu beweisen.
Es wäre falsch, zu denken, dass die Möglichkeit, dieses Mittel anzuwenden, eine Ehe zwischen Personen gültig machen könnte, die auf Grund des impedimentum impotentiae zu ihrem Vollzug nicht fähig wären.
Andererseits ist es überflüssig, zu bemerken, dass das aktive Element niemals Rechtmäßigerweise durch Handlungen gegen die Natur herbeigeführt werden kann.
Obwohl man nicht im voraus neue Methoden ausschließen kann, nur weil sie neu sind, muss man doch hinsichtlich der künstlichen Befruchtung nicht nur äußerst zurückhaltend sein, sondern sie absolut verwerfen. Wenn man das sagt, verwirft man nicht notwendig den Gebrauch gewisser künstlicher Mittel, die nur dazu bestimmt sind, den natürlichen Akt zu erleichtern, d. h. zu bewirken, dass der normal vollzogene Akt sein Ziel erreicht.
Man darf nicht vergessen: nur die Zeugung eines neuen Lebens nach dem Willen und Plan des Schöpfers bewirkt in einem erstaunlichen Maß von Vollendung die Verwirklichung der erstrebten Ziele. Sie ist gleichzeitig der körperlichen und geistigen Natur und der Würde der Eheleute und der normalen und glücklichen Entwicklung des Kindes gemäß".